Die Ereignisse überschlagen sich
Nach all dem Chaos mit dem Kraken, das mit dem Sinken des Telvannifrachters und einem Umstieg des Ordens auf ein glücklicherweise auftauchendes Langschiff der
Nord geendet hatte, gab es auf den beiden käferartigen Geleitschiffen des dunmerischen Magierhauses so einiges zu klären. Eine Weile segelten sie parallel und sehr nahe nebeneinander. Und auch wenn die
Zauberer sicherlich andere Kommunikationsmöglichkeiten hatten, so wollten sie dem Orden gewiss die Tragweite des Geschehenen und ihre folgenden Reaktionen demonstrieren. So geschah es kurz darauf, dass eines der Käferschiffe hinter das Langschiff fiel, während das vordere zweifelsohne den Kurs für alle drei vorzugeben gedachte.
Auch wenn die Konstellation bereits zu sehen war, als sich der Orden an Bord des Frachters befand, so mochte diese Formation angesichts der jüngsten Umstände etwas Bedrohliches annehmen und eine klare Botschaft vermitteln. Das Leitschiff nahm schließlich direkten Kurs auf Gnisis/Vvardenfell. Ob das Langschiff der
Nord dem Kurs der Telvanni folgen wird?
* * *
Das Langschiff würde folgen, hat der Häuptling und Schiffsführer Wulfgar Bernsson immerhin zugesichert, zu helfen. Zudem ist es dem Schiff mit dem flachen Tiefgang ohnehin möglich, fast überall an Land zu gehen.
Auf dem Schiff selber macht sich nach der anfänglichen Enttäuschung, den Kraken nicht ganz erwischt zu haben, eine ausgelassene Stimmung breit. Egal, ob die
Nord nun segeln oder rudern müssen, die kernigen Kerle haben stets ein (meist versautes) Lied auf den Lippen. Und obwohl Befehle immer mit Murren, Brummen und Beleidigungen ausgeteilt und angenommen werden, scheint auf dem Langschiff eine erstaunliche Disziplin zu herrschen. Jeder Handgriff, ob alleine oder zusammen, sitzt und wird ohne zu zögern ausgeführt. Der einzige, der nichts tut, ist der älteste Krieger an Bord, manchen Ordensreitern noch als "Merowech" bekannt. Dieser steht mit seinem Gehstock zumeist am Vordersteven und schimpft über die Jugend von heute, womit er jedoch so ziemlich jeden meint.
Das Wetter bessert sich indes allmählich, verlässt man immerhin auch die eisigen Gefilde Himmelsrands und nähert sich der deutlich wärmeren Insel Vvardenfell an. Die Wolken weichen fast vollständig und machen einer spätsommerlichen und wohltuend wärmenden Sonne Platz.
* * *
Auf dem vorderen Schiff der Telvanni, auf welches der Dwemergelehrte Llevin Darvyen an der Seite des längsten Telvannibegleiters der Recken des Ordens die Zuflucht fand, konnte man in regelmäßigen und häufigen Abständen das Aufglimmen von gut erkennbaren Magierlichtern sehen. Einerseits eine gute Orientierungshilfe, selbst im tiefsten Nebel würde man das blaue Schimmern geisterhaft durch die Nebelwände hinweg erkennen. Andererseits eine Sicherheitsmaßnahme, denn diese Form von Magie gilt der magischen und allgemeinen Detektion des Ungesehenen. Ein zweites Mal wird kein Unwesen aus der Tiefe oder aus der Verborgenheit plötzlich angreifen können. Wenn man auf dem Schiff genauer hinsieht, ist der Gelehrte für diese Magie verantwortlich. Abwechselnd zu einem Argonischen Magier, welcher ebenfalls auf dem versunkenen Schiff gewesen war. Aber stets darauf beharrte kein Sklave zu sein, sondern ein bezahlter Angestellter des Telvanni.
* * *
Mittlerweile ist etwas Ruhe eingekehrt. Die Fahrt auf einem der Schiffe der Telvanni geht weiter Richtung nächstem Zielort. Die Versorgung durch die
Dunmer kann man als gastfreundlich bezeichnen. So erhielt man Speis und Trank, wie einen wärmenden Ort, der auch das letzte Kleidungsstück trocknen sollte, nach Regen und stürmischen Böen. Für diesen Abend wurde das Alkoholverbot aufgehoben, welches ab dem heutigen Tag wieder gelten wird, so die Aussage der Ordensmeisterin.
Laut den
Dunmer wird es wahrscheinlich eine Verbindungsmöglichkeit geben, um benötigtes Material zu besorgen, was auf Vvardenfell nicht käuflich erworben werden kann. Hier spielt wohl die Einstimmung auf bestehende Schutzzauber eine große Rolle, die man vom Ordensgemäuer her, wenn auch in abgeschwächter Form, gewohnt ist.
* * *
Es dauerte nicht lange, bis die Schiffe von Gnisis aus die Küsten der sogenannten Westspalte hinter sich ließen und die unpassierbaren Ufer von Vvardenfells raubeiniger, felsiger Hochlandregion neuen Anblicken wichen, denn die beiden Einmaster wählten eine Route, die mit dem Frachter unpassierbar gewesen wäre. Die Seestraße, die zwischen der Küstenregion der Aschlande und der wirren Inselgruppe Sheogorad hindurchführte, war das Grauen aller Kapitäne und Steuermänner, die nicht auf magische Hilfsmittel zurückgreifen konnten, oder ungenügend Erfahrung in diesen Gewässern vorweisen konnten. Doch die beiden chitingepanzerten, schwimmenden Irrenhäuser der Telvanni hatten beides in ihrem Repertoire und so steuerten die käferartigen Schiffe zielsicher durch die zerklüftete Region, in der alle Nase lang dunkle, menhirartige Felsen durch die Wasserfläche brachen und teilweise auch darunter verborgen blieben. Es war keine Lüge von Sardras Verenim, als er sagte, ihre Schiffe wären für diesen Teil der Welt geschaffen und so manövrierten sie geschickt und wendig durch den Albtraum aller normalen Seeleute.
Während der laue Wind das Kreischen der Klippenschreiter - großer, reptilienartiger Flugkreaturen - über die Schiffe trug, die das zerklüftete Sheogorad im Norden ihre Heimat nannten, entblößte der Anblick der Steuerbordseite gen Süden die enorme und zerstörerische Macht des feurigen Landes und der tödlichen Natur der Aschlande Vvardenfells. Nach den Vorstellungen der Menschen mochten sie dem Inbegriff einer Hölle auf Erden entsprechen, war diese Region doch nichts als das prächtig-schreckliche Bild unerbittlicher Naturgewalt. Des Vulkangesteins wegen war das Land schwarz und was nicht schwarz war, war grau von stets regnender Asche. Und auch wenn die Schiffe noch immer das nördliche Geistermeer durchquerten, war die Temperatur enorm angestiegen, denn das einzige Farbspiel, das sich zwischen all dem Grau und all dem Schwarz abzeichnete, war das kontrastreiche Rot gleißender und feuriger Lavaflüsse, die sich unerbittlich durch das kahle Land pflügten und mit einem zischenden Brodeln in der engen Meeresstraße mündeten. Ein Ehrfurcht gebietender Anblick bei Tag, ein Höllengemälde bei Nacht und die Schuld daran trug er, der dort in der Ferne thronte wie ein flammender, zorniger Gott.
Denn gleich einem Gott und nichts geringerem erhob er sich in unermessliche Höhen und unbestimmbare Ausmaße, der Rote Berg, gespeist durch altvordere Mächte im Inneren der Welt, welche dem sterblichen Geist unbegreiflich waren, welche ein Land aus der See hoben, das ihn in seiner zerstörerischen Erhabenheit umgab wie in Ehrfurcht niederkniende Massen von bedingungslos Gläubigen. Der Rote Berg, Fluch und Segen, donnernd, grollend, Rauch atmend und Lava blutend, nahm das Blickfeld ein und verwies die winzigen Schiffe der überheblichen Zaubermeister zurück in die Unbedeutsamkeit, in die sie gehörten. Erst als sie Sheogorad und die Aschlande
hinter sich ließen, offenbarte der Rote Berg seinen Segen vulkanischer Fruchtbarkeit. Die Schiffe erreichten die Ufer der saftig grünen, stark vegetativen und freundlichen Graslande von Vvardenfells Nordosten und diese protzten mit kräftigen grünen Wiesen, bunten und doch fremdartigen Blumen und Pilzen aller Form und in jeder Größenordnung, bis hin zu den aufragenden Türmen, die sich am fernen Horizont als die Pilzheime der Telvanni zu erkennen gaben.