Es war der 13. Tag der Zweisaat, nur wenige Tage nach der Eröffnung des Emporium Arcanum. Die weißhaarige Dunmer stand in aufrechter Haltung vor einem der überfüllten Bücherregale und betrachtete gedankenverloren ein Buch. Einen Moment später blätterte sie die Seite in einer fließenden Bewegung mit Zeigefinger und Daumen um. Der Text, welcher sich nun offenbarte, wurde in komplizierten, ungleichmäßigen Schnörkeln und Schleifen verfasst und bereitete einem schon beim bloßen Anblick Kopfschmerzen.
Ein hölzernes Knarzen weckte die Mer aus ihren Gedanken und erlöste sie so vor der unangenehmen Schrift. Eine bekannte Gestalt hatte das Emporium Arcanum betreten. Doch die Bretonin Mimei kam nur gerade so bis zur Begrüßung, als auch schon eine weitere Gestalt in den Magierladen platzte.
Mit imposantem Gebaren und lautlosen Trompeten- und Fanfarenklängen stellte sich Dr. Filibuster der Dunmer vor. Diese hob nur äußerst skeptisch die Augenbraue und versuchte die sonderbare Gestalt und dessen Intention einzuordnen.
Es stellte sich rasch heraus, dass der werte Herr nicht in das Emporium Arcanum kam, um selbst etwas zu erwerben. Stattdessen versuchte Dr. Filibuster nun seine zweifelhaften Waren zum Verkauf anzubieten.
Das erste Objekt fragwürdiger Begierden sollte eine Phiole mit Nereidentränen sein. Natürlich war es der Händler selbst gewesen, der mit seinem außergewöhnlichen Gesang die Nereiden zum Weinen gebracht hatte. So die Geschichte. Es war für Aethyra nicht schwer zu erkennen, dass es sich dabei schlicht um Wasser handelte und so fügte sich der fragwürdige Auftritt des Mannes langsam zu einem Bild zusammen.
Dr. Filibuster war einer dieser reisenden Händler, ein Scharlatan und Quacksalber. Kurzerhand entschied sich die Mer dazu, dass kleine Spielchen mitzuspielen. Vielleicht konnte sie auf diese Weise sogar selbst noch ein wenig herausschlagen.
Mit gespieltem Interesse betrachtete Aethyra die Phiole, nur um im gleichen Atemzug die Flüssigkeit darin ein wenig anzupassen. Winzige Fäden arkaner Energie strömten in das Fläschen und färbten den Inhalt sanft blau. Sogar ein schwaches Glimmen war nun zu erkennen.
Statt die Phiole mit den falschen Tränen zu kaufen, war es jetzt die Magierin, die von Filibuster zwei Goldstücke verlangte, denn immerhin könnte der Betrüger nun mit dem aufgewerteten Inhalt deutlich mehr bei unwissenden Kunden verlangen. Bedauerlicherweise wollte sich der Händler darauf nicht einlassen.
Währenddessen hatte sich die Bretonin weiter im Magierladen umgesehen. Eine steinerne Urne in der hinteren Ecke erweckte ihr Interesse. Etwas unbeholfen öffnete Mimei das Gefäß und bereute es wohl auch sofort wieder. Ein widerlich süßer Geruch von Verwesung schlug ihr augenblicklich entgegen.
Doch die Neugier siegte und so blickte die Frau tiefer hinein. Ein abgetrennter Arm, eine Leber und irgendetwas, dass nach Gedärmen aussah, konnten zumindest noch irgendwie identifiziert werden. Später erfuhr die Bretonin, dass es sich wohl um ‚frische‘ Ritualbestandteile handelte - woher auch immer diese wohl stammen mochten. So genau wollte es Mimei dann doch lieber nicht wissen.
Derweil ging das kleine Schauspiel um den doppelzüngigen Händler weiter. Als zweites wollte er Aethyra einen Spiegel anbieten, welcher einen stets wunderschön zeigte. Natürlich nur in völliger Dunkelheit. Selbstredend war auch dieses Objekt schlicht eine hübsch gesponnene Lüge und für die Dunmer absolut uninteressant.
Inzwischen wurde Dr. Filibuster hektisch und suchte in seinen viel zu tiefen Taschen nach einem dritten Verkaufsangebot. Diesmal zauberte er eine alte Steintafel hervor. Seltsame Runen, die in keiner bekannten Sprache verfasst waren, zierten die Oberfläche, während eine deutliche, arkane Aura von dem Relikt ausging. Besonders auffällig war ein Symbol, dass vage an ein Dreieck mit einem Kreis sowie einer Triskele erinnerte.
Abschätzend musterte Aethyra die Steintafel. Konnte es wirklich sein, dass der Quacksalber keine Ahnung hatte, was er da in Händen hielt? Nun weckte er also doch noch das Interesse der Magierin. Fünf Goldstücke verlangte Dr. Filibuster dafür. Doch die Mer nutzte geschickt die offensichtliche Nervosität und Unsicherheit des Mannes aus, um ihn am Ende auf nur zwei Goldstücke und einen Laib Brot herunterzuhandeln. Ein Schnäppchen für etwas potentiell so Wertvolles.
Rasch brachte die Weißhaarige die Steintafel in den hinteren Bereich des Emporium, nur um kurz darauf mit einem Brotlaib zurückzukehren. Nachdem Filibuster das Gold und den Laib erhalten hatte, verschwand er so schnell aus dem Laden, dass man hätte denken können, er habe seinen Schatten beim Herausgehen vergessen.
Mimei, die sich nebenbei den Almanach des Aberglaubens angesehen hatte, blickte Aethyra mit fragendem Blick an. Diese sah selbst etwas verwundert drein. Letztendlich verdrängten die Frauen diese sonderbare Begegnung lieber erst einmal aus ihren Gedanken. Immerhin war die Bretonin nicht grundlos in das Emporium Arcanum gekommen.
So berichtete die rothaarige Frau von ihrem Begehren. Tatsächlich wollte Mimei nichts bei der Magierin kaufen. Stattdessen bedurfte es einer arkanen Untersuchung, um sich dem Anliegen der Bretonin zu widmen. Infolgedessen beratschlagten sich die zwei Frauen noch eine Weile, ehe auch Mimei letztendlich den Magierladen verließ.
Noch spät in der Nacht brannten Kerzen in dem Haus am Rande der Stadt. Vor Aethyra lag die seltsame Steintafel auf ihrem Arbeitstisch im ersten Stock. Nachdenklich betrachteten die roten Iriden der Mer die obskuren Schriftzeichen. Welches Geheimnis mochte sich wohl darin verbergen?